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  Abbé Joseph Bovet: Werkverzeichnis  
  Biographie von Joseph Bovet (1879-1951)  
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Joseph Bovet wurde am 8. Oktober 1879 als Sohn von Pierre Bovet und Marie Josephine Andrey in Sâles im Greyerzerland geboren. Als drittes von zehn Kindern durchlief er die für eine geistliche Laufbahn typischen Schulstufen: Primarschule im Heimatdorf, Kollegium Saint-Charles in Romont, Kollegium Sankt Michael in Freiburg (1896-1900), Aufenthalte in den Benediktinerklöstern Einsiedeln (1900-1901) und Seckau in Österreich (1903). Nach Beendigung des Priesterseminars in Freiburg wurde er am 23. Juli 1905 zum Priester geweiht.

Während dieser Periode machte sich Joseph Bovet mit verschiedenen Musikarten vertraut. Zusammen mit seinem Vater, der Lehrer war, sammelte er die Noten alter Lieder, die in der Gruyère illustrée veröffentlicht wurden. Diese Arbeit als «Ethnomusikologe» ermöglichte ihm eine nähere Kenntnis der regionalen Volksmusik. Er dirigierte die Blaskapelle des Kollegiums St. Michael, für die er einige Märsche komponierte. In Einsiedeln lernte bei Pater Staub das Orgelspiel und bei Pater Breitenbach den gregorianischen Gesang. In Seckau vervollständigte er seine musikalische Ausbildung.
Von 1905 bis 1908 war er Priester in der Pfarrei Notre-Dame in Genf, einem urbanen Milieu, das ihm nicht besonders zusagte. Aber Joseph Bovets Qualitäten als Lehrer und Organisator werden von den Oberen spätestens 1907 bemerkt, als er eine seiner Kompositionen aufführt: Plaintes du comte de Gruyères en exil.
1908 wird der junge viel versprechende Priester von Bischof und Regierung zurückberufen. Innerhalb weniger Jahre wird er mit wichtigen Ämtern der musikalischen Ausbildung im Kanton betraut. Von diesem Zeitpunkt an - und bis 1949 - bildet er als Professor am Lehrerseminar Hauterive die Freiburger Lehrer musikalisch aus. Zu diesem Amt kommt 1910 dasjenige eines Professors für Kirchengesang am Priesterseminar. Auf diese Weise hielt Abbé Bovet während vier Jahrzehnten die Ausbildung der beiden zentralen Vermittlergruppen in Händen: Lehrer und Priester. Dank seiner Lehrtätigkeit gelang es ihm, die musikalische Tätigkeit im Freiburgerland grundlegend zu beeinflussen. Werke wie Le Kikeriki (1933) und L’Ecolier chanteur (1936) feierten an den Westschweizer Schulen grosse Erfolge.
Innert kurzer Zeit wird der Priester zum eigentlichen Motor des musikalischen Lebens im Kanton. Mit der Ernennung zum Kapellmeister an der Kathedrale St. Niklaus 1923 festigt er seinen Einfluss auf die liturgische Musik, nachdem er bereits 1916 auf Anfrage des Bischofs die Obhut über die Cäcilienvereine, der Kirchenchöre, die die Liturgie musikalisch umrahmen, übernommen hatte. Während beinahe dreissig Jahren ist Abbé Bovet bei allen Festen, Wettbewerben und Ausbildungskursen mit von der Partie. Er ist die Seele der Bewegung, deren Mitgliederbestand sich verdreifacht und sich 1946 auf über 4000 Sängerinnen und Sänger beläuft.
Aber Joseph Bovet entwickelt auch eine andere Facette seines Talents, jenes eines Orchester- und Chordirigenten. Die Landwehr, das Stadt-Orchester, der Gesangverein der Stadt Freiburg, der von ihm 1918 gegründete Groupe choral, den gemischten Chor von St. Niklaus, die Kantorei von St. Niklaus, besser bekannt unter dem Namen «Les Pinsons de l’abbé Bovet» (Abbé Bovets «Domspatzen»): Die Liste der von Abbé Bovet geleiteten Ensembles ist beeindruckend. Unter seiner Leitung interpretierten Sie seine eigenen Werke, aber sie wagten sich auch ans grosse Repertoire. Paulus und Lauda Sion von Mendelssohn, Davids Désert, Die Schöpfung und Die Jahreszeiten von Haydn, die Requiems von Mozart und Cherubini, Perosis Passione di Cristo secondo San Marco, zahlreiche Bach-Cantaten, aber auch zeitgenössische Werke wie Honeggers Roi David und Roussels Psaume LXXX.
Durch diese vielfältigen Tätigkeiten beeinflusst der 1930 zum Domherrn ernannte Joseph Bovet den musikalischen Kollektivgeschmack. Während des Zweiten Weltkriegs beteiligt er sich an der geistigen Landesverteidigung und durchreist mit seinen Ensembles die ganze Schweiz. Zur Hebung der Moral hält er Vorträge und spielt Konzerte für Truppe und Bevölkerung.
Der Name von Joseph Bovet ist eng mit den musikalischen Formationen verbunden, die ihn zum Teil überdauert haben. Aber seine Ausstrahlung verdankt der Abbé auch seinen Werken. Es sind nicht weniger als 3000 Kompositionen, die sein Werkverzeichnis auflistet. Diese ziemlich gleichmässig auf Profan- und Sakralmusik verteilten Kompositionen von unterschiedlichem Ausmass und Wert fanden vor allem in den zahlreichen in der französischsprachigen Schweiz veröffentlichten Singbüchern Verbreitung. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind Liedsammlungen ohne Bovets Kompositionen kaum denkbar.
Das Paradebeispiel dieses Schaffens, Das alte Hüttlein (Le vieux chalet - 1911), erlebte seit seiner Veröffentlichung einen immensen Erfolg und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Abbé Bovets Werke berührten das Volk vor allem aufgrund ihrer einfachen Form, der melodischen Qualität und des bestätigenden Charakters, der von ihnen ausgeht. Der als Meister des Volksliedes wahrgenommene Bovet verstand es, seinen Zeitgenossen eine «musikalische Heimat» zu geben, und dies zu einer Zeit, als die ländliche Gesellschaft einem verstärkten Einfluss der Moderne ausgesetzt war. Seine Festivals, und besonders das anlässlich des eidgenössischen Schützenfestes aufgeführte Mon Pays (1934) waren grandiose Inszenierungen eines Landes auf der Suche nach seiner Identität.
Der am Ende seines Lebens als «Volksbarde» dargestellte charismatische Priester war schliesslich so populär, dass er nach seinem Tod am 10. Februar 1951 quasi ein Staatsbegräbnis erhielt. Zweimal errichteten ihm die Freiburger eine Statue, 1955 in Freiburg und 1957 in Bulle. Eine einmalige Tatsache in der Geschichte des Kantons. Sein Andenken wurde Gegenstand eines regelrechten Kultes, vor allem bei den Fribourgeois de l'extérieur, einem aus der ländlichen Abwanderung hervorgegangen Verein, der die Figur des Musikers im Banner trägt.
Die 2001 anlässlich seines 50jährigen Todestages durchgeführten zahlreichen Veranstaltungen und Konzerte zeugen von der Fortdauer der Erinnerung an einen Musiker, der - für Freiburg - einen wirklichen Gedächtnisort darstellt.

Patrice Borcard